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Montag, 16. Mai 2016

Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber zu schweigen unmöglich ist. *** Victor Hugo

Jährlich grüßt die Politik. Seien wir doch ehrlich: der ESC hat nichts mehr mit Musik zu tun. der Fernseher plätschert vor sich hin, ich habe das Gefühl, dass seit einer Stunde das gleiche Lied läuft, doch jedes mal, wenn ich hinsehe, steht da eine andere Person in einem anderen extravaganten Kostüm mit neuem, epileptische Anfälle auslösenden Bühnenbild des Eurovision Song Contest. Aus dem Einheitsbrei der Popmusik hat sich gezeigt: je nackter die Personen, umso schlechter der Gesang - im Prinzip kann das Entscheidungskriterium ausschließlich Ländersympathie und Politik beim ESC sein.


Was ist denn passiert in den letzten Jahren? Klingt die Musik heute im Radio auch komplett gleich? Wann wurde es egal, ob ein Ton getroffen wird?
Soweit ich mich erinnere, sang jeder Teilnehmer einst in seiner Landessprache beim Eurovision Song Contest. Mit den Klängen seines Landes, den Instrumenten seines Landes. Heute singen beinahe alle auf englisch und der Rhythmus, Instrumentalisierung und Inhalt sind Kopien des selben Lady Gaga Phänomens, das Geld bringt: sing ein paar Takte über Liebe, dann sing ein paar Takte die gleichen 4 Wörter und anschließend wiederhole dies - Ohrwurmgarantie.  Die gibt es aber nur, wenn das Ohr nicht sofort von dem nächsten, nahezu identischen Lied durchspült wird. Eventuell bringt man noch die ein oder andere politische Idee mit ein.

Von daher haben es die Moderatoren mit ihrer Parodie des Eurovision Song Contest hervorragend getroffen. Das Highlight ist der sarkasmus der Schweden über dieses kapitalistische Event, bei dem Milliarden für Strom, Kerosin und Gastronomie verschwendet werden, während im nahen Osten Krieg herrscht. "Peace peace love love" war der beste Song an dem Abend - nur leider konnte ich den nicht wählen. Stattdessen gilt wie immer die Nachbarschaft oder politische Ambivalenz als Kriterium für die Punktevergabe. So verteilen Italien, Spanien und Frankreich regelmäßig die höchsten Punktzahlen untereinander, Deutschlands Unbeliebtheit spiegelt sich auf dem letzten Platz wieder, während der Obama - gefärbte Vote Deutschlands lächerlicherweise 12 punkte nach Israel vergibt. Es lebe die Politik! Es lebe die Farce! Es lebe "Brot und Spiele"!
Und bis zuletzt dachte ich für Australien: "Ich freue mich für den Designer des Kleides, dass seine Kreation gewürdigt wurde". So viele Christbaumkugeln habe ich noch nie auf einer Bühne gesehen.

Prinzipiell gilt beim Eurovision Song Contest: Politik geht vor Tonleiter. Die Provokation kann schließlich seit Concita Wurst kaum noch übertroffen werden.
Und wenn man es mal genau nimmt: Was soll das überhaupt, dass ein Land nach seiner Musik bewertet wird und nicht nach seinen Errungenschaften ? Ach ja, ich vergaß. Genau das ist ja der Fall!



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